„6. Vogtländische Mundarttage“ vom 23. bis 25. April 2015 im Freilichtmuseum Eubabrunn
von Thorald Meisel
In Zeiten, in denen von der Kommunikation bis hin zur Autobranche die deutsche Sprache zu verschwinden scheint, fällt es erst recht ins Auge, wenn Wirtshäuser ihren Gästen Speisekarten in Mundart vorlegen. Im Zwotaer Gasthof zum Walfisch beispielsweise gibt es „Schladdereguggs mit Schwammebrie“. Dahinter verbirgt sich Kloßteig mit Zwiebeln und Räucherspeck, goldgelb gebraten, dazu Pilzsuppe. „So etwas wollen die Gäste haben. Die nehmen dann auch gern eine vogtländische Speisekarte als Andenken mit“, sind die Erfahrungen von Gastwirt René Goram.
Die Pflege der Mundart stand im Mittelpunkt der 6. Vogtländischen Mundarttage, die vom 23. bis 25. April stattfanden - wieder organisiert unter der Regie von Doris Wildgrube aus Arnoldsgrün und Ina Skerswetat vom Freilichtmuseum Eubabrunn. Die Schirmherrschaft hatte erneut Landrat Tassilo Lenk (CDU) übernommen.
Autoren aus dem Vogtland, dem Erzgebirge, aus Bayern und Thüringen trafen sich am 23. April traditionell zur Eröffnungsveranstaltung im Markneukirchner Berggasthof Zum heiteren Blick, die von Schülern der Musikschule Vogtland unter Leitung von Olaf Wolfram umrahmt wurde. „25 Autoren sind diesmal gekommen. Auf diese Zahl können wir wirklich stolz sein“, sagte Doris Wildgrube, die Vorsitzende des Vogtländischen Mundartkreises.
„Die Eröffnung der Mundarttage passt wunderbar zusammen mit dem Welttag des Buches“, fand Frieder Spitzner, Vorsitzender der Vogtländischen Literaturgesellschaft „Julius Mosen“. Unter den 56 Büchern, die auf der Suche nach „Vogtlands Lieblingsbuch 2014“ auf Tour durch die regionalen Bibliotheken sind, finden sich beispielsweise sechs Titel in Mundart – von Martina Dressel (Grünbach), Irene Kasselmann (Auerbach), Wilhelm Mühsam (Plauen),
Karl-Heinz Schmidt (Klingenthal), Sieglinde Röhn (Zobes) und Siegfried Petzold (Gospersgrün). Die Mundart, so sagte Spitzner, trage auch dazu bei, Interesse an sprachlichen Mitteln zu wecken. Die Pflege und Bewahrung der Mundart gehört zum kulturellen Leben der Region, ließ Landrat Tassilo Lenk (CDU) im Grußwort wissen.
Zahlreiche gelungene Auftritte
Ein Gedicht über das „Schwammesuchen“ aus der Feder des Schöneckers Gottfried Ficker hatten die Mädchen und Jungen der Tanzgruppe vom Erlbacher Hort mit im Programm, das sie am 25. April im Freilichtmuseum Eubabrunn für die Teilnehmer und Gäste der 6. Vogtländischen Mundarttage aufführten. Tags zuvor hatten Mundartautoren auch in Schöneck eine Lesung gehalten. Im Veranstaltungsraum des Zigarren- und Heimatmuseums blieb dabei kaum noch ein Platz frei.
Ebenso ein großer Erfolg war der Auftritt in der Betreuten Wohnanlage „An der Katharinenkirche“ in Oelsnitz, die von Karin Peterhänsel und Ursula Meinel als „Sachsenberger Maad“ musikalisch umrahmt wurde.
In Zwota führte Nachtwächter Georg Carsten Eibisch die Besucher zunächst eine Runde durch das Dorf, ehe die Lesung in der ehemaligen Denk-Brauerei begann. Mit dabei war Sieglinde Ostermeier aus Freising. Sie ist aufgenommen in die offizielle Liste der „Autorinnen und Autoren in Bayern im 20. Jahrhundert“.
Sonja Keil aus Helmbrechts, die für Engagement um die Erhaltung der Mundart mit dem seit 1985 jährlich vergebenen Frankenwürfel ausgezeichnet wurde, gestaltete im Gasthof Jugelsburg in Adorf gemeinsam mit Doris Wildgrube aus Arnoldsgrün und Gustav Ludhardt aus Mengersgereuth-Hämmern einen vergnüglichen Abend. Unter den Besuchern war auch Bürgermeister Rico Schmidt.
Auch an Grundschulen waren Autoren wieder zu Lesungen gegangen, so nach Werda, Krebes und Oelsnitz, ebenso ans Gymnasium Markneukirchen. „Wir hatten überall sehr aufmerksame Schüler. Das macht Hoffnung für die Zukunft, dass die Mundart nicht aussterben wird“, freute sich Doris Wildgrube.
Erstmals Fernsehen mit dabei
Erstmals berichtete das MDR-Fernsehen für den „Sachsenspiegel“ von den Vogtländischen Mundarttagen. Gedreht wurde bei Lesungen im Gymnasium Markneukirchen sowie im Freilichtmuseum Eubabrunn. Dort erläuterten Peter Leonhardt und Doris Wildgrube vogtländische Begriffe wie „Gaaferlatzl“, was man mit Mundtuch für Kleinkinder umschreiben kann. Resonanz auf die Sendung gab es sogar von Vogtländern, die inzwischen in Berlin leben. Großen Anklang, besonders bei den Gästen aus Thüringen und Bayern, fand auch ein Besuch mit Filmvorführungen im Mundart- und Erlebnisraum des Heimatvereins Zwota.
Forschungsprojekt in Familien
Eine Bildergeschichte aus der Vater-und-Sohn-Serie von e. o. Plauen nimmt Dr. Evelyn Koch vom Institut für Germanistik der TU Dresden als Grundlage für eine bis 2017 laufende Mehrgenerationen-Studie zur Sprachforschung in Sachsen. Dabei sollen jeweils Kinder, Eltern und Großeltern die Bildergeschichte in Mundart erzählen. Die Forscher wollen dabei feststellen, wie sich die Sprache verändert. Noch in den 1930er Jahren gab es in Sachsen etwa zwei Dutzend sprachlich eng begrenzte Räume. Für das Projekt konnten im Vogtland über den Mundartkreis zwei Familien in Grünbach und Bobenneukirchen zur Mitarbeit gewonnen werden.
Hans-Georg Meyer informierte über den Stand der Arbeiten zur weiteren Erschließung der Chronik Johann Heinrich Gläsels, einem einmaligen Dokument über die Lebensverhältnisse in Markneukirchen und dem oberen Vogtland zu Beginn des 19. Jahrhunderts. Meyer, der in Plauen geboren wurde und in Pausa aufwuchs, ist als Physiker am Leibniz-Institut für Photonische Technologien in Jena tätig. Das Gläsel-Manuskript bearbeitet er in seiner Freizeit.
Museum steht vor Jubiläum
Das Freilichtmuseum Eubabrunn, das im November 2015 sein 20-jähriges Jubiläum begehen kann, bietet seit nunmehr einem Jahrzehnt einen regelmäßigen Treffpunkt für Mundartautoren. Die Formulierung von einem „fast babylonischem Sprachgewirr“ gebrauchte Museumsleiterin Ina Skerswedat mit Blick auf die Herkunft der Autoren. Dabei fehlten mit Ute Schulz und Lothar Steinebach diesmal Autoren aus Nordrhein-Westfalen. Sie hatten krankheitsbedingt absagen müssen.
Eines wurde bei den kurzweiligen Lesungen deutlich: Ob Oberfranken, Thüringen, Erzgebirge oder Vogtland – Mundart ist unverwechselbar und stets ein Ausdruck für die Traditionen und die Lebensweise in der jeweiligen Region.
Die Teilnehmer der 6. Vogtländischen Mundarttage
Vogtland: Christian Dressel, Martina Dressel, Günter Franke, Dorothea Geipel, Peter Leonhardt, Ursula Löbe, Thorald Meisel, Renate Mönnich, Gisela Müller, Marina Gerstner, Hartmut Müller-Insterburg, Eberhard Navratil, Karin Peterhänsel, Axel Pfeifer, Volkshard Schulze, Günther Nuhr, Doris Wildgrube, Manfred Zill.
Oberbayern und Oberfranken: Anna Hoffmann, Sieglinde Ostermeier, Sonja Keil
Thüringen: Gustav Ludhardt, Ilona Major;
Erzgebirge: Martina Gutzeit, Bernd Oschatz
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